Ungefähr eine Stunde Autofahrt landeinwärts in Richtung Süden, nicht allzu weit entfernt von Tauranga, liegt am Lake Rotorua die gleichnamige Stadt Rotorua. Schon vor der Kolonialisierung war der Kurort eine Hochburg der Maori-Kultur und ist es bis heute geblieben. Einige Maori-Stämme besitzen nach wie vor Land in der Umgebung und haben sich dementsprechend dort angesiedelt. Ein paar dieser Landstriche darf man sogar nur als Mitglied des jeweiligen Stammes betreten. Allerdings erhalten interessierte Besucher heutzutage vermehrt Zugang zur indigenen Kultur Neuseelands und Rotorua bietet die besten Möglichkeiten, um diese erleben zu können.

Hotspot Rotorua
Rotorua ist aber nicht nur für sein reichhaltiges kulturelles Angebot bekannt. Auf einer Linie von White Island in der Bay of Plenty bis zum Mount Ruhapehu im Tongariro Nationalpark befindet sich ein gewaltiges Geothermalgebiet. Dessen Zentrum befindet sich zwischen Rotorua und Taupo. Für die Einwohner bedeutet das, dank Thermalenergie, umweltfreundliche Stromerzeugung und natürliche Whirlpools im eigenen Garten. Gleichzeitig muss man jedoch stets mit der Angst etwaiger Vulkanausbrüche leben. Vereinzelt in der Landschaft auftretende Dampfsäulen aus heißen Quellen mögen zwar ein aufregender Anblick sein, gleichzeitig sind sie aber auch eine Warnung. Der Ausbruch des nahegelegenen Mount Tarawera im Jahr 1886 hatte beispielsweise zur Folge, dass die als Naturwunder geltenden Pink and White Terraces zerstört bzw. verschüttet wurden. Das an den Lake Tarawera angrenzende Buried Village, welches bei dem Ausbruch unter den Lavaströmen begraben wurde, ist ein ebenso erstaunlicher Zeitzeuge.
Es liegt was in der Luft
2010 war ich das erste Mal in Rotorua. Und wenn ich eines mit Sicherheit nicht vergesse, dann ist es der Geruch, der über der Stadt liegt. Durch die Fülle an Thermalquellen, die über das Gebiet verteilt sind, gerät ständig Schwefelwasserstoff in die Luft. Dieser sorgt wiederum dafür, dass man hin und wieder einen Hauch von faulen Eiern wahrnimmt. Und je nachdem wie nah man einer Quelle ist bzw. je nach Windrichtung, kann es sein, dass einem durch die Geruchsintensität spontan ganz anders wird. Das ist aber nichts, woran man sich nicht gewöhnen könnte. Schließlich erleben die Einwohner diesen Geruch täglich.
Das Waiotapu Thermal Wonderland
Die beste Gelegenheit, um dir einen Eindruck von den Aktivitäten unterhalb der Erde zu bekommen, bietet ein Besuch im Waiotapu Thermal Wonderland. Dabei handelt es sich um einen Naturpark, der eine halbe Stunde Autofahrt außerhalb der Stadt liegt. Bevor du den eigentlichen Park betrittst, hast du vorab die Möglichkeit, dir kostenlos einen ersten geruchlichen Eindruck bei den sogenannten Mud Pools zu verschaffen. Dort erahnst du allmählich, was für Kräfte unterhalb der Erdoberfläche am Werk sind. Wenn du bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht das Vergnügen mit dem markanten Schwefelgeruch hattest, kannst du hier dein zweifelhaftes Glück finden. Wenn dir der Wind frontal ins Gesicht weht und du vom Dampf eingehüllt wirst, dann riechst du nicht nur faule Eier. Du kannst sie auch schmecken. Ein Frühstückserlebnis der ganz anderen Art! Es wird übrigens gemunkelt, dass sich der ein oder andere Besucher hier zur Speikobra entwickelt hat.

Folgt du nun, ausgehend von den Mud Pools, dem Straßenverlauf, gelangst du zum Lady Knox Geyser und zum Parkeingang. Dort bekommst du die Tickets und einen nützlichem Plan. Außerdem befindet sich dort ein Café inklusive hervorragendem (!) Souvenirshop, der schon allein wegen der kunstvollen Maori-Andenken sehenswert ist.
Eintauchen in eine andere Welt
Kurz hinter dem Eingangsgebäude, nach der Brücke und dem darauffolgenden Pfad, ist es schon fast verdächtig still. Lediglich die aufgeregt zwitschernden und tanzenden Neuseelandfächerschwänze tauchen hin und wieder auf, um die Stille zu unterbrechen. Immer der Nase nach ist es ratsam, zunächst dem Pfad durch ein kleines Waldstück zu folgen, an dessen Ende sich eine felsige Kraterlandschaft befindet. Erste Dampfschwaden, das Blubbern heißer und giftiger Quellen sowie das ein oder andere Warnschild geben zu verstehen, dass man die ausgewiesenen Wege nicht verlassen sollte. Spätestens die abschreckende, giftgelbe Farbe so mancher Schwefelablagerung sollte eigentlich als Warnung ausreichen.



Die ersten Eindrücke sind eine Mischung aus Faszination und Unglaube. Manchmal brodelt es dumpf, oder es zischt scharf aus einem der Krater. Und dann ist da wieder diese unheimliche Stille. Abwechselnd führt der Weg durch Wälder, die durch die hohe Luftfeuchtigkeit schon fast tropisch erscheinen, dann wieder über offenes Terrain, um anschließend in ein Tal mit kleinen Seen hinabzusteigen.


Das Farbenspiel im Champagne Pool
Das Highlight eines jeden Besuchs ist aber der sogenannte Champagne Pool. Was zunächst noch sehr verlockend klingen mag, ist jedoch eine höchst toxische und nahezu kochend heiße Thermalquelle. Die spektakuläre Färbung hat sie dem Zusammenwirken verschiedener chemischer Verbindungen zu verdanken. Die unter der Wasseroberfläche entstehenden Gase haben zur Folge, dass stets kleine Gasblasen an die Wasseroberfläche steigen, was an die feinen Kohlensäurebläschen im Champagner erinnert.




Auf dem Weg durch den Park triffst du immer wieder auf bizarre Felsformationen oder andere, unwirklich anmutende Anblicke. “Wonderland” trifft dabei voll und ganz zu, wenn man bedenkt, dass sich das faszinierende Naturschauspiel auf eine Fläche von 18 Quadratkilometern beschränkt.




Zum lustigen Schluss noch ein Bild von einem giftigen Schwefelsee. Weil er so absurd gelb-grün ist.

Eine Metapher für das Leben
Was bleibt einem Besucher nach ein paar Stunden in dieser Umgebung? Was kann man von so einer Landschaft lernen, die es so nur wenige Male auf der Welt zu sehen gibt? Zunächst wird einem bewusst, dass Neuseeland das jüngste Land der Welt ist und sich noch im Entstehungsprozess befindet. Und natürlich sind die gesammelten Eindrücke, das Zusammenspiel der Elemente und die daraus entstehenden Farben und Formationen spektakulär. Dennoch schwebt gleichzeitig große Unsicherheit über allem, ist man hier doch den unkontrollierbaren Kräften der Natur ausgesetzt. Was jedoch überwiegt, ist das Bewusstsein, dass es hier vor Leben nur so strotzt. Schließlich sieht man, dass die Erde aktiv und in ständiger Bewegung ist. Alles vergeht und alles erneuert sich. Hier wird man Augenzeuge vom Kreislauf des Lebens. Und das alles auf einer Fläche von 18 Quadratkilometern.
Zu guter Letzt…
Einen kleinen Geheimtipp habe ich auch noch: Wenn du einmal in natürlichen, heißen Quellen baden willst, fährst du die Waiotapu Loop Road entlang bis zu einer Holzbrücke. Da befindet sich der sogenannte “Secret Spot” bzw. “Hot and Cold”. Dort treffen nämlich zwei kleine Flüsse aufeinander, wobei einer heiß ist und der andere kalt. In der Mitte, wo sich die Flüsse treffen, kannst du dich im warmen Wasser entspannen. Wenn dir nach höheren Temperaturen ist, folgst du einfach dem heißen Flusslauf. Sogar ein kostenloses Peeling gibt es, indem du dir das Gesicht mit der mineralhaltigen Erde vom Grund des Flusses einreibst! Besonders stimmungsvoll wird es übrigens nachts mit ein paar Kerzen und bei klarem Blick auf den Sternenhimmel.
